Ich hätte an dieser Stelle, hier und heute, gern geschrieben, dass sie einfach verschwunden ist. Aber zum Termin bei der neuen Frauenärztin war das schwarze Loch im Ultraschall ungerührt über meinem Eierstock zu sehen. Man kann nicht alles haben, denke ich und an den Spruch, der als kleine Tafel bei meinem Schuhmacher im Laden hängt: „Unmögliches wird sofort erledigt, Wunder dauern etwas länger.“ Und so sollte es nicht über das Unmögliche hinwegtäuschen, das ich seitdem erlebt habe. Aber am besten von vorn:

Im letzten Sommer wurde als Nebenbefund einer anderen Untersuchung eine Zyste an meinem Eierstock diagnostiziert. Ich war total überrascht und auch entsetzt, dass meine bisherige Frauenärztin mich diesbezüglich nicht untersucht hatte, zumal ich vor vielen Jahren eine ähnliche Diagnose von ihr bekommen hatte. Irgendwann hatte sie mir den Ultraschall nicht mehr angeboten. Ich hatte nicht nachgefragt, weil ich dachte, sie hätte das schon im Blick mit dem üblichen Abtasten. So fiel auch sie aus allen Wolken, als ich mit genanntem Befund zu ihr kam. Sie überwies mich sofort ins Krankenhaus.

Zysten am Eierstock sind an sich nichts Ungewöhnliches. Sie kommen und gehen. Ab einer bestimmten Größe rät man jedoch zur Operation und das war bzw. ist bei mir gegeben. Im Krankenhaus wurde ich entsprechend auf eine OP vorbereitet. Bei der vorbereitenden Anästhesie-Sprechstunde gab es dann das zweite böse Erwachen, als ich mich auf die Waage stellte: Meine Kleider waren tatsächlich nicht geschrumpft, sondern ich war in die Breite gewachsen…

Es bestätigte sich, was ich seit einiger Zeit wahrnahm: Ich fühlte mich mehr so richtig wohl in meinem Körper. Ich war oft aufgebläht wie ein Luftballon und wusste nicht, was ich tun sollte. Denn so richtig schlecht ging es mir ja nicht. So richtig schlecht ernährte ich mich nicht, so richtig viel Alkohol trank ich nicht, und baute ja hier und da gesunde Tage ein. Früher hatte sich mein Körper auch immer wieder selbst reguliert, dachte ich. Aber anscheinend war das mit Anfang 40 anders.

Aber wo anfangen, wie durchhalten? Ich lebe allein und nenne es gern: Mir fehlt die soziale Kontrolle – ein Partner oder eine Gemeinschaft, der oder die mich tagtäglich sieht und mir mindestens indirekt spiegelt, dass er oder sie sich um mich sorgen. Die zarten Versuche, mich meinen Freunden zu öffnen, wurden nicht richtig eingeordnet und kommentiert mit: Ach, so schlimm ist das doch gar nicht. Wovon ich mir nur zu gern den Wind aus den Segeln nehmen ließ für meinen angedachten Kurswechsel.

Anders, als ich meiner Klavierlehrerin erzählte, dass ich wohl die nächsten Wochen nicht zum Unterricht kommen könnte, weil ich ins Krankenhaus für diese OP müsste. Sie kam auf mich zu, griff Hände und blickte mir fest in die Augen: „Du musst diese OP nicht machen. Ich kann dir helfen.“

Sicher hatte ich ihr nicht völlig unabsichtlich davon erzählt, denn sie hatte mir einige Monate vorher Flyer von ihrer Praxis für Frauenheilkunde & emotionsfokussierter Körperarbeit in die Hand gedrückt. Ihre offene, zugewandte Art schätzte ich. Dass ich mich nicht unter Druck von ihr gesetzt fühlte, empfand ich als wohltuend. Ihre Worte setzten außerdem genau an meinen Zweifeln gegenüber dem Eingriff an: Der Hektik meiner Frauenärztin. Der Sorge, durch die OP einen Eierstock zu verlieren. Es triggerte mich, in meinem unsteten Lebenswandel, der schon lange auf der To-Do-Liste stand mit dem Label: Gesünder leben und meinem Körper die Gelegenheit zu geben, sich selbst zu helfen.

Naturheilkunde ist nichts, mit dem ich bereits Kontakt hatte. Im Gegenteil, ich war bisher eine folgsame Patientin des klassischen Gesundheitssystems und so fühlte sich die Nachfrage vom Krankenhaus, warum ich mich dieser OP entziehen würde mit dem Hinweis auf mögliche Risiken, wie eine echte Bewährungsprobe an.

Kennt ihr das, wenn es plötzlich an einer bestimmten Stelle – in diesem Fall in meinem Unterleib – besonders heftig zieht, wenn man etwas tut, von dem man denkt, dass man es nicht tun sollte? Als ob gleich die Strafe folgt, für alle vermeintlichen Fehler, die man begeht. Dieses Denkmuster gewöhne ich mir nur langsam ab.

Auch die Idee eines alternativen Ansatzes erschien herausfordernd und Ava bestätigte das in der ersten Sitzung: Sie sagte, dass eine solche Behandlung bedeutet, Veränderung in mein Leben zu lassen.

Ich hasse Veränderungen und versuche sie zu vermeiden, wo ich nur kann. Veränderung heißt: Liebgewonnene Gewohnheiten ablegen, Menschen loslassen, die ich gern behalten will. Es heißt Entlastungsstrategien aufzugeben, die ich gern nutze, um Stresssituationen zu kompensieren. Das fängt mit Ernährung an, geht über Konsumverhalten bis hin dazu, dass ich Menschen hinterherlaufe, die scheiße zu mir waren. Wie sollte ich das schaffen? Ava meinte, dass Körper und Geist sich gegenseitig stärken können. Ich konnte es mir nicht vorstellen. Und habe auch gleich gesagt, dass ich nicht alles werde ändern können und auch nicht möchte, sondern diesen Prozess Schritt für Schritt angehen werde, damit es in mein Leben passt und sich im besten Fall verstetigt.

Sechs Monate ist das her und ich kann feststellen: Nach etwa sechs bis acht Wochen hat der Körper begonnen, sich zu regenerieren (Ich habe es genannt: Er beginnt zu glauben, dass ich es ernst meine). Nach drei Monaten spürte ich: Es ist ernst und die sozialen Kontakte verändern sich (Ich bin zickiger geworden bzw. knicke nicht mehr so leicht ein). Nach vier Monaten beruhigte sich der Körper und hat sich auf die neue Situation eingelassen. Ich fühle mich wieder “normal” nach sechs Monaten (Auch wenn ich nach wie vor nicht perfekt bin, zum Glück!). Das Unmögliche hat Einzug gehalten: Die Kleidung hat sich wieder eingekriegt. Ich bin weniger aufgedunsen. Pickelchen und auch so ein Dauerschnupfen sind beinahe weg. Mein Unterbauch ist weich. Nach meinem Zyklus kann ich die Uhr stellen und auch während der Periode habe ich keine Schmerzen mehr. Psychisch fühle ich mich gefasster und habe nicht mehr so starke Verlustängste, wenn ich andere mit meiner Klarheit konfrontiere. Inzwischen bin ich außerdem bei einer anderen Frauenärztin in Behandlung, die diesen Prozess schulmedizinisch begleitet. Und: Ich bin offen für Wunder!

Schade, dass in unserer wissensbasierten Gesellschaft so wenig Raum ist, für das Sich-Zeit-Nehmen, für das Hinsehen und für einen ganzheitlichen Ansatz. Auch die finanzielle Anerkennung von staatlicher Seite fehlt diesem Bereich. Ich denke, es wäre viel nachhaltiger und langfristiger für die Gesundheit des Menschen, wenn es zwischen den Disziplinen mehr Austausch und Miteinander gäbe.

Von Ava und ihrer Arbeit bin ich jedenfalls absolut begeistert und unglaublich dankbar, dass sie mich gesehen und erkannt hat, was ich brauchte. Informiert euch gern über ihren Ansatz zur Frauenheilkunde & emotionsfokussierter Körperarbeit: https://www.goldlilie.de/

Dazu spielt: Nirgendwohin


… aber, oder, und… – Schreib mir gern deine Gedanken und Erfahrungen: info@janaberwig.de