Mittwoch war ich bei einer Open Stage für Live-Musik. Dort hat eine Künstlerin einen Song vorgetragen, den sie angekündigt hatte mit den Worten, dass der Mann, in den sie verliebt war, nicht mit ihr zusammen sein wollte. In ihrem Song ging es dann um die Frage, was an ihr falsch wäre oder nicht gut genug, dass sich der Mann entschieden hat, nicht mit ihr zusammen zu sein.

Ich habe bereits in dem ein oder anderen Blog-Beitrag durchblicken lassen, dass ich mich mit dem Single-Sein auseinandersetze und inzwischen – so stelle ich fest – immer besser arrangiere. Denn es hat mich wütend gemacht: Warum stellt sich denn bitte schön eine Frau in Frage, nur weil irgendein Mann nicht mit ihr zusammen sein will? Es hat sicher nichts damit zu tun, dass sie nicht gut genug wäre!

Liebenswerte Mitmenschen haben mich in der Vergangenheit bereits darüber aufgeklärt, wenn ich diesbezüglich ähnlich unterwegs war, was sie sich für mich anderes wünschen: Jemand, der gut zu dir ist. Inzwischen denke ich: Warum schlagen sie mir nicht vor, mit mir zufrieden zu sein und dass das völlig ausreichend wäre. Das wäre viel entlastender, ich müsste mich nicht ständig auf eine Pirsch begeben.

Dieses Pärchen-Ding wird uns ja nach wie vor an jeder Stelle vorgelebt, schaue ich gerade durch die Netflix-Filmauswahl. Bis vor kurzem hätte ich das wohl nicht so kritisch gesehen. Aber nachdem ich den Impuls, immer heulen zu müssen, wenn ich den Begriff Single im Zusammenhang mit mir ausgesprochen habe, nicht mehr verspüre, gehe ich davon aus, dass ich drüber hinweg bin. Was nebenbei gesagt auch nicht ausschließt, mich zu jemandem zu bekennen. Denn ich finde Männer wirklich super!

Ich sehe nur immer klarer, dass es in Beziehungen eine klare Rollenverteilung gibt zwischen oben und unten. Entweder Frauen haben die Hosen an oder Männer. Frauen, die beides sind, selbstbewusst und verletzlich sind schwer für Männer zu lesen. Und da spreche ich nicht nur aus eigener Erfahrung. Da sehe ich Freundinnen, Bekannte, die ihr hopp oder top mit ihren Angebeteten haben.

Das kann daran liegen, dass sich Männer weniger emanzipiert haben. In dem Ganzen – Frauen wissen was sie wollen – sind bei Männern vor allem Verlustängste gewachsen. Und so sind die Fronten des gegenseitigen Unverständnisses vielleicht noch gewachsen oder positiv gesprochen – einfach noch nicht brüchig genug – dass Männer unverstellt zeigen können, was alles in ihnen steckt.

Männer wollen bewundert werden, brauchen immer ganz viel Verständnis. Frauen sind gewohnt, dass sie das nicht bekommen und verrichten still schweigend auch noch das Mehr an Gefühlsarbeit. Das mag alles sehr plakativ erscheinen und ist es auch. Trotzdem stecken da Funken Wahrheit drin, behaupte ich.

Das Narrativ des Mannes, der alles im Griff hat, existiert nach wie vor, erfährt gar momentan wieder wachsender Beliebtheit in Kriegszeiten. Zum Schluss bleibt er entweder Weichei oder Stecher. Frauen haben inzwischen mehr Optionen. Sie wissen schon länger, dass nicht Entweder-Oder gilt, sondern Zwischentöne total okay sind, und das würde ich mir auch von einem Traumprinzen erhoffen. Geschlechterdiversität breitet sich um die weibliche Emanzipation aus, nicht um die der klassisch männlichen Figuren. Die werden nicht automatisch abgeholt.

Ich tröste mich gerade mit Poster-Boys und Rückfälle in Teenager-Fantasien, wie ich sie gerade mit einer Freundin ausspinne. Ein bisschen Träumerei möchte ich mir nicht nehmen lassen. Das Ideal der Zweierbeziehung gehört aufgebrochen, denke ich weiter. Ein erweiterter Begriff von Liebe, der nicht mit Besitz verwechselt wird, täte unserer Gesellschaft gut, würde vielleicht auch dazu führen, dass man nicht nur für seine Liebe bereit ist, sich einzusetzen, sondern ebenso für seine Mitmenschen.

Dazu spielt: 9 Kilometer


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