Letztens saß ich mit einer Freundin zusammen und wir unterhielten uns über die Frage: „Wie geht es dir?“ Sie sagte, sie wisse, mir wäre das wichtig, dass ich nach meinem Befinden gefragt werde. Sie hingegen hätte nicht immer Lust, ihren Alltag auszubreiten vor jedwedem Gegenüber.

Diese Frage ist sicher unterschiedlich zu verstehen: Zwischen Tür und Angel ausgesprochen, bleibt es eher eine Floskel, eine Höflichkeitsformel, für die nur eine kurze Antwort bleibt. Wobei selbst hier, neben einem klassischen „Gut“, auch ein einsilbiges: „Schlecht“ oder „Geht so“ möglich wäre. Für eine mitfühlende Geste wie eine Umarmung, ein nettes, aufmunterndes Wort oder auch ein verständnisvoller Seufzer oder Ausspruch ist doch immer Zeit als weitere Reaktion. Vielleicht kann es auch eine Erinnerung sein, diesen Menschen bei Gelegenheit nochmals anzusprechen oder anzurufen. Oder ich fühle mich verstanden, weil es mir selbst nicht so gut geht und freue mich, dass jemand den Mut hat, etwas so Simples auszusprechen.

Es gibt bestimmte Leute, wenn die fragen, wie es mir geht, da weiß ich, dass sie es wirklich ernst meinen und sich Zeit für jedwede Antwort meinerseits nehmen werden. Das ist für mich das Schönste! Es ist eine Einladung, so zu sein, wie ich bin, dass alles in mir, einen wertschätzenden Ort bekommt. Es ist eine Einladung, meine Sorgen zu teilen und mich zu entlasten. Mir wird zugehört, egal, was ich zu sagen habe, egal ob die Antwort kurz oder lang, gut oder schlecht oder irgendwie dazwischen ausfällt. Ich fühle mich angenommen, einfach so. Vielleicht muss ich diese Möglichkeit gar nicht vollständig ausschöpfen. Aber der Gedanke, dass ich es könnte, ist bereits eine große Entlastung.

Im Alltag sind wir oft in unseren Rollen, berufliche Termine sind zeitlich getaktet und kosten in der Regel Geld. Da habe ich mir diese Frage oft verkniffen, und wollte vor allem nicht übergriffig wirken. Aber ich bin ein neugieriger Mensch und habe es einfach mal ausprobiert und bemerkt, dass es eher positiv wahrgenommen wird. Also überwinde ich mich inzwischen und stelle diese kurze Nachfrage – von Mensch zu Mensch sozusagen – nicht immer, nicht automatisch, einfach, wenn es mir einfällt. Ich kann mich erinnern, dass ich meine Zahnärztin vor der Behandlung fragte, wie es ihr geht. Sie war ganz entzückt und bedankte sich, dass ich – oder überhaupt jemand – ihr diese Frage stellen würde.

Meiner Erfahrung nach nehmen wir oft an, dass es Menschen gut geht, die sie sich nicht beschweren bzw. ihre Rollen ausfüllen. Wie die Zahnärztin zum Beispiel. Aber auch am eigenen Leib habe ich es schon gespürt, weil ich in der Regel gut funktioniere. Die Leute, die nachfragen, wissen, wie es mir wirklich geht. Außerdem halte ich mich eher zurück, wenn ich merke, meinem Gegenüber geht es nicht sonderlich gut, oder dass die Person selbst viel durchzustehen hat. Aber in einer Freundschaft beispielweise sollte ein Gleichgewicht aus Geben und Nehmen bestehen, also habe ich angefangen, mich selbst den Menschen mit meinen eigenen Päckchen mehr zuzumuten. Und fordere durchaus ein „Wie geht’s dir?“ ein.

Im Gespräch mit meiner Freundin stellte sich dann heraus, dass ihr die Frage zu viel ist, wenn diese einen fast schon investigativen Charakter hat, ohne, dass ein entsprechendes Vertrauensverhältnis vorhanden ist. Das gibt es also auch. Jemanden, den ich täglich sehe, gebe ich auch sicher anders Auskunft als jemandem, mit dem ich nur ab und zu Kontakt habe. Wieviel ich preisgeben möchte, entscheide ich natürlich selbst.

Die berühmten Vier Worte. Sie können Türen öffnen.

Dazu spielt: “Over the rainbow” (Chuck Cliff Cover)


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