Zuviel Welt auf einmal. Über Fußball und Regenbögen.
Etwas missmutig und skeptisch habe ich mich mit Freunden am Mittwochabend Richtung Kreuzberg begeben zum Open Air Public Viewing. Über mir schwere Gedankenwolken aufgesogen mit unzähligen Posts, Kommentaren und Diskussionen tags zuvor, ob es richtig sei, das Stadion als Zeichen der Solidarität mit der LGBTQ-Gemeinschaft in Regenboden-Farben zu beleuchten oder nicht. Also eine Diskussion war es ja gar nicht. Es gab einen Tenor. Der Shitstorm fiel heftig aus. Und die Aufregung darüber gießt Wasser in die immer selben Mühlen.
Für mich ist Fußball per se eine Sportart, die überhaupt nicht für Toleranz steht. Im Gegenteil, es ist ein Sport, vordergründig heterosexuellen Männern überlassen, mit einer großen Geldmaschinerie im Hintergrund. Ganz und gar nicht sozial und ein in sich geschlossenes System. Das kann ich aber bei solchen Großereignissen ganz gut ausblenden, weil alle Leute fröhlich, angetrunken auf den Berliner Straßen umherspringen und oft ein Gefühl von Verbundenheit durch die Luft schwebt, zusammen mit der wohligen Sommerwärme.
Jetzt wird mir selbst das vermiest. Ich hänge an der Frage fest, warum die Entscheidung der UEFA, dem Vorschlag des Münchner Oberbürgermeisters nicht zu entsprechen, derart niedergemacht wird… Für mich wirkt es wie ein Zeichen einer Art kollektiver Hilflosigkeit: Es wird ein kleine Nebenbühne massiv bespielt, weil alle zusehen müssen, wie in einem Land von oberster Stelle menschendiskriminierende Gesetze erlassen werden. Und wir dagegen machtlos sind. Denn dieser Ärger richtet sich nicht dorthin wo er hingehört – an die ungarische Regierung. Und mein Eindruck ist, dass sich dabei vor allem diejenigen untereinander verstärken, die sich ohnehin für Vielfalt und Menschenrechte aussprechen, ohne wirklich auf ein wie auch immer geartetes Gegenüber einzugehen. Wir müssen aber einen Weg finden, weitere Menschen zu überzeugen, ihre Haltung zu öffnen.
Da war der Abend in Kreuzberg dann doch eine Wohltat, bunt gemischt und überhaupt kein Einheitsbrei. Organisiert von einem Verein, nicht kommerziell. Meine Gedanken haben sich aufgelockert und ich habe mich erinnert, dass ich mir ja vorgenommen habe, andere Perspektiven nicht einfach abzutun, nur weil ich sie nicht teile. Ich finde es gut, dass es eine Diskussion gibt, ob das Stadion beleuchtet wird. Neben dem ein oder anderen Hoffnungsschimmer, den diese Farben schenken mögen, zerrt es die Debatte ins Licht. Es ist Auslöser sich darüber Gedanken zu machen. Denn jede unserer Handlungen, und mag sie noch so klein erscheinen, ist immer Teil eines großen Ganzen, das zu Veränderung führen kann.
Mein Song zum Thema:
… aber, oder, und… – Schreib mir gern deine Gedanken und Erfahrungen: info@janaberwig.de